Doctolib vs. jameda – Echte Alternativen und sinnvoll?

Ärzteportale spielen trotz Konkurrenz zu Google-Unternehmenseinträgen und Google-Bewertungen in den vergangenen Jahren eine wichtige Rolle, oder? Lohnt es sich noch, auf Doctolib oder jameda zu setzen?

Ich erzähle sicherlich nichts Neues, wenn ich sage, dass heutzutage Online-Bewertungen und Terminbuchungstools für Praxen obligatorisch sind. Trotzdem werfe ich nochmal ein paar Zahlen in den Raum:

Der Patienten wählt Arztpraxen basierend von Bewertungsportalen aus.
Der Patienten wählt Arztpraxen basierend auf deren Homepage aus.
Der Patienten wünscht sich eine Online-Terminvereinbarung.

Quelle: Statista Onlinebefragung für die Deutsche Apotheker- und Ärztebank; n=1000 (Patienten ab 18 Jahren in Deutschland, online-repräsentativ); 2018

Allerdings muss ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass sich die Zahlen zu den Bewertungsportalen nicht explizit auf Doctolib oder jameda beziehen, sondern beispielsweise auch Google-Bewertungen inkludieren. Daher schauen wir uns besser zunächst mal den Markt an:

Suchmaschinen-Relevanz

Wenn man lokale Google-Suchergebnisse besucht, dann erhält jeder Nutzer schnell und übersichtlich eine Karte mit Anbietern im Umkreis und deren Bewertungen ausgegeben:

Screenshot aus Google, die Zahnarzt-Praxis auf nicht bezahlter Position 1 gehört übrigens zu unseren Kunden

Nur „leider“ werden in den Maps-Ergebnissen nicht jameda oder Doctolib-Bewertungen genannt, sondern es wirken sich primär die Google-Bewertungen darauf aus, wie weit oben eine Praxis gefunden wird. Die Postadresse und damit die lokale Distanz sind im Vergleich dazu sekundär.

Um die Relevanz der Ärzteportale in Suchmaschinen noch tiefergehend zu prüfen, habe ich mir die Positionierung von jameda und Doctolib in den klassischen Google-Suchergebnissen – also der Liste unterhalb der Maps-Einblendung – genauer angeschaut. Hierzu habe ich die 20 am häufigsten gegoogelten Arzt-Suchbegriffe mit den Namen der 10 größten Städte Deutschlands kombiniert und so über 200 Keywords erhalten, woraus ich dann die Marktanteile ermitteln konnte:

Domain Top-10-Platzierungen Traffic-Schätzung mtl.
jameda.de 2024: 85
2023: 165
2024: 4,05 Mio.
2023: 10,95 Mio.
doctolib.de 2024: 173
2023: 137
2024: 4,42 Mio.
2023: 5,06 Mio.
Quelle: SEO-Tool SISTRIX am 23.10.2024 im Vergleich zum 25.05.2023

Beide Plattformen machen also einen relativ guten Job, was ihr Marketing anbelangt. Was ich aber beim Vergleich beider Domains interessant finde, ist, dass die Sichtbarkeit von Doctolib seit Anfang 2020 kontinuierlich steigt, wobei jameda seit Anfang 2023 deutlich auf dem absteigenden Ast ist:

Quelle: SISTRIX, am 23.10.2024

Das verwundert auf den ersten Blick aus SEO-Perspektive, da jameda eigentlich durch die zahlreichen Kundenbewertungen sehr starken „User Generated Content“ (kurz: UGC) und einen wesentlichen Vorteil gegenüber Doctolib bietet. Scheinbar profitiert jameda aber nicht von neuen Google-Kooperationen, wie es andere Communitys wie Reddit tun:

Quelle: SISTRIX, am 23.10.2024

Vielleicht verliert jameda aber nicht nur Marktanteile mangels Kooperationen, sondern auch wegen verschärfter Google-Rankingfaktoren:

Denn seit Corona hat die Suchmaschine die Kriterien für Rankings im Gesundheits- und Finanzbereich (Your Money Your Life, kurz: YMYL) verschärft und so werden nur noch besonders hochwertige Inhalte gut bewertet, welche von validierten Quellen stammen – sogenannten EEAT-Content. EEAT steht für Inhalte, die von ausgewiesenen Experten stammen, die eine besondere Nutzer-Experience im Vergleich zu ihren Wettbewerbern bieten, authentisch sind und Trust genießen. Daher könnte auch ein Grund für das „Abnippeln“ von jameda sein, dass die Content-Strategie kein hochwertiges Output generiert oder die Anforderungen von Google schlicht kaum bewältigbar sind. Zumindest leidet aber auch die Apotheken-Umschau unter deutlichem Traffic-Verlust.

Quelle: SISTRIX, am 23.10.2024

Aber selbst das Bundesgesundheitsministerium hat nicht signifikant durch die verschärften Erfolgsfaktoren von Google profitiert und wie bereits festgestellt, nimmt Doctolib ja an Fahrt auf. Es kann also sein, dass es bei jameda und Co. neben inhaltlichen Herausforderungen auch tiefergehende strukturelle Probleme gibt, die Nachfrage eingebrochen ist oder Google weniger Traffic an die Seiten weitergibt. Das weiter zu intensiveren sprengt hier aber den Rahmen. Fakt ist, dass jameda ein Problem hat. Aber beantwortet das die Frage, ob ich Doctolib als Alternative von jameda sehe?

Nein, das ist noch zu kurz gegriffen. Dafür vage ich nun mal einen Vergleich der Angebote von Doctolib und jameda aus Sicht von Funktionalität und Preisen für Ärzte und Praxen:

Vergleich der Angebote

Kriterium jameda Pro Doctolib für Arztpraxen
Praxiskalender Ja (1) Ja
Buchungssystem Ja Ja
Öffentliches Praxisprofil auf Plattform Ja Ja
Funktionen zur Patientenkommunikation Ja (2) Ja
Videosprechstunde Ja Ja (3)
Preis pro Monat inkl. MwSt. 117,81 € 139 €
Informationen vom 25.05.2023

zu (1): Den jameda Praxiskalender habe ich nicht auf der Preisseite gefunden, sondern hier.

zu (2): Patientenkommunikation ist zwar kein offizielles Feature auf der Preisseite von jameda, wird aber hier kommuniziert.

zu (3): Diese Information zur Videosprechstunde habe ich bei Doctolib im Kleingedruckten gefunden: „Doctolib bietet Ihnen die nach Regelungen der GKV/KBV zertifizierte Videosprechstunde kostenlos bis einschließlich 31.12.2023. Voraussetzung für die Nutzung der Videosprechstunde ist ein bestehendes Abonnement der Doctolib Software für Termin- und Patientenmanagement.“

Von den Funktionen her sind beide Plattformen ähnlich. Preislich ist jameda aber interessanter als Doctolib, da die Plattform rund 20 € günstiger im Monat ist. Doctolib profitiert aber von mehr Nachfrage und vermutlich auch stärkerer Akzeptanz bei Patienten, die dort idealerweise ihr Profil hochgeladen haben und für eine Terminbuchung nicht mehr ihre Daten angeben müssen. Ich habe auch bei unseren Kunden festgestellt, dass im direkten Vergleich zu jameda mehr Termine über Doctolib gebucht werden.

Mankos beider Tools

Was aber beide Plattformen kaum können, ist komplexere Terminanfragen zu behandeln. Sowohl bei Doctolib als auch bei jameda werden für einzelne Behandlungen zuvor festgelegte Zeitspannen zur Verfügung gestellt und blockiert, sodass bei individuellen Therapien und Neupatienten im Zweifel nicht genug Zeit für die Behandlung bleibt. Für Patienten bedeutet dies: Warten.

Daher werfe ich an dieser Stelle noch docmedico in den Raum. Dieser noch vergleichsweise unbekannte Anbieter bietet als Terminbuchung eine Art Live-Chat, wo im Dialog mit den Patienten ermittelt wird, welche Behandlungsdauer erforderlich ist, um so die Wartezeit für Patienten und den Stress an der Rezeption der Praxen zu reduzieren. Beides wirkt sich in der Regel positiv auf die Reputation und Patientenbindung aus, die ich anfangs schon als essenziell eingestuft habe.

Mit docmedico haben diverse Kunden wie die Physiotherapie-Praxis am Sendlinger Tor in München positivere Erfahrungen gemacht.

Screenshot von physiotherapie-sendlinger-tor.de

Fazit

Auch, wenn jameda preislich attraktiver scheint, so hat Doctolib die Plattform mittlerweile abgehängt. Beide Plattformen haben jedoch gemein, dass man nur Pauschaltermine anbieten kann und man entweder Lücken im Terminkalender einplanen oder Patienten warten lassen muss. Da weder jameda noch Doctolib bei der Patientengewinnung obligatorisch sind, wie die Analyse der Google-Suchergebnisse gezeigt hat, können neue Wettbewerber in den Markt treten, die das Thema Online-Rezeption besser verstanden haben.

Severin Lucks

Ich bezeichne mich als Inbound-Marketing-Experte und SEO-Spezialist. Ich mag die Kombination von gutem Design, überzeugenden Texten (mit dem einen oder anderen psychologischen Trick) und langfristiger SEO-Strategie, um nachhaltig Besucher für unsere Kunden zu gewinnen und zu konvertieren.